Neulich bin ich mal wieder in unsere Bibliothek reingeschlendert. Das ist der Ort, wo du diese Dinger mit Seiten aus echtem Papier ausleihen kannst. Im Keller hatten die dann einen Resteverkauf, also wurden da Bücher verkauft, die sie aus dem Bestand genommen haben, wie z.B. ein Standardwerk der Reportage-Fotografie.
Der grosse National Geographic Foto-Guide, 1.- €
Geheimnisse der Profi-Fotografie von National Geographic (Copyright & Auflage 2001)
Ja, ich weiss, es ist schon etwas länger her, als uns die Frage beschäftigt hat ob wir lieber den Fuji Velvia oder doch lieber einen Kodak Ektachrome einlegen sollen. Und aus dieser Zeit stammt dieses Buch. Die Technik stammt also aus dem letzten Jahrtausen, Asbach Uralt. Trotzdem.
Wenn ich mal grob überschlagen darf, dreht es sich auf ca. 5% der Seiten um die Chemie (also um die analogen Aspekte der Fotografie). Der Rest ist Physik: Belichtungszeit, Brennweite, Blende, Objektiv, usw. und die Physik gilt auch heute noch. Also habe ich mal grob überschlagen: 5% von 1.- € sind 0,05 € Verlust sozusagen. Aber was habe ich jetzt bekommen für die restlichen 95 ct.? Ist das auch Altpapier?
Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich immer skeptisch bin, wenn ein Titel “die Geheimnisse von gutem Sex…”, das “Geheimnis des Erfolgs der südindischen Stubenfliege” oder so ähnlich heisst. Ich habe bis heute nicht verstanden, was daran ein Geheimnis sein kann, wenn man damit ein Buch füllt. Was bitte ist dann noch geheim…?
Aber zurück zum Thema. Ich habe mir also die Frage gestellt:
Wie aktuell ist das Buch noch, und was kann ich aus solch einem alten Schinken lernen?
Wer das National Geographic Magazin kennt, weiss dass nur die besten Fotografen hier veröffentlichen können. Fotografen, die das Bild unserer Welt geprägt haben, weil sie mit ihrer Sicht die Wahrnehmung beeinflusst haben, auf das was wir “Wirklichkeit” nennen. Also, da muss doch was dran sein, oder?
Was mich besonders interessiert hat waren Kommentare, die Fotografen über ihre Sichtweise preisgeben. Im Buch wird immer mal wieder ein anderer Fotograf vorgestellt, seine Arbeitsweise charakterisiert und sein Schwerpunkt besprochen. Wie also kommt jemand dazu das zu tun was er tut? Am interessantesten fand ich deshalb die Tipps am Ende eines solchen Fotografen-Portraits. Deshalb zitiere ich hier in einer losen Folge ein paar Statements daraus. Fangen wir mit William Alber Aliard an:
Fototipps von William Albert Aliard (copyright National Geographic, Quelle siehe unten)
- Das ganze Geheimnis bei Personenaufnahmen ist Intimität. Man kann keine Beziehung herstellen, wenn man sich hinter einem Baum verbirgt und mit einem grossen Objektiv fotografiert. Man muss den Menschen klar machen, dass man vertrauenswürdig ist – mit Worten und dem Verhalten.
- Die Gestaltungsregeln sind wichtig, aber man muss sie lernen, um sie dann zu brechen. Man kann ein Bild nicht in der Mitte teilen? Man kann alles, wenn es gut wird. Die Gestaltung sollte intuitiv kommen; ich sehe inzwischen alles unter dem Gesichtspunkt von Farbe, Form, Licht und Schatten.
- Wenn man fotografiert, setzt man ein Puzzle zusammen, und es gibt unzählige Möglichkeiten, das zu tun. Superweitwinkelobjektive können dabei schwierig einzusetzen sein, weil sie noch mehr Puzzlestücke hinzufügen. Sie meinen, Sie haben alles im Bild, aber ist es auch miteinander verbunden? Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Hauptobjekt und all den anderen Teilen? Entsteht der Eindruck von Ausgewogenheit und Harmonie?
- Probieren Sie es aus verschiedenen Blickwinkeln. Der Unterschied zwischen einem hübschen Foto und einem wirklich guten ist häufig nur eine Frage von Zentimetern.